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Issa Sant ergründet Schichten menschlichen Seins, indem sie Körper bar jeder gesellschaftlichen oder individuellen Schutzschicht zeigt. Die eindringlichen Figuren ihrer Bilder verkörpern menschliche Existenz in all ihrer Verletzlichkeit, Gewalt und Schönheit.

Sant’s namenlose Figuren sind in einem radikalen Sinn nackt und bloß: Muskeln, Knochen und Fleisch verbinden sich zu zarten Gestalten, welche aus der weißen Umgebung hervorzutreten scheinen. Ohne feste Kontur gewinnen sie ihre unheimliche Präsenz aus der soghaften Wirkung einander durchdringender Farbstrukturen, die das tiefer liegende Gewebe durchscheinen lassen. Die wehrlose Offenheit der frei gelegten Körper ist bestürzend und tröstlich zugleich: ohne jede Einschränkung werden Verlassenheit und Intimität, Begehren und Schmerz, Trauer und Hoffnung sichtbar. In der Begegnung mit anderen Figuren entsteht so ein Gefüge des Zwischen-Menschlichen: Momente der Einsamkeit und der Zuneigung, des Kampfes und der Liebe. Sant verzichtet dabei auf bestimmte und bestimmende zeitliche und räumliche Beschreibungen und Attribute: die Figuren sind ins Weiß gehalten, gänzlich auf sich selbst und den Anderen zurück geworfen. In solchen gefährdeten, brüchigen und einmaligen Berührungen entdeckt Sant Schönheit.


Issa Sant fathoms layers of human being, by exhibiting bodies bare of every social or individual protection layer. The haunting figures of her paintings embody human condition in all its vulnerability, violence and beauty.

Sant’s nameless figures are naked and bare in a radical way: Muscles, bones and flesh aggregate to tender and frail figures, which seem to come out of the white surrounding. Without definite contour they get their uncanny presence from the maelstrom-like force of intertwining brush marks, which allow the underlying tissues to shrine through. The defenseless openness of the exposed bodies is disconcerting and comforting simultaneously: without any limitation, isolation and intimacy, desire and pain, sorrow and hope becomes visible.

In the encounter with other figures, an interhuman structure occurs: Moments of loneliness and affection, struggle and love. With this, Sant disclaims defined and defining temporal and spatial descriptions and attributes: the figures are held in a pure white space, totally thrown back on themselves and the Other. In such imperiled, fragile and singular encounters, Sant discovers beauty.

Jon M. Lennartz